Wie oft? Wie lange? Und was?
Das sind die drei Fragen, die Eltern am häufigsten stellen, wenn es um Mediennutzung bei ihren Kindern geht.
Und ganz ehrlich: Es gibt darauf keine allgemeingültige Antwort.
Was wir bei klein&groß aber anbieten können ist Orientierung. Keine starren Regeln, sondern Erfahrungswissen aus über zehn Jahren psychotherapeutischer Arbeit mit Kindern, Jugendlichen und deren Familien. Und ja: Auch ein ehrlicher Blick auf den eigenen Familienalltag – mit zwei Grundschulkindern, Netflix, KIKA und einer Playstation.
Medienzeiten im Grundschulalter – warum Rituale helfen
Bevor wir uns über „Bildschirmzeit“ streiten, lohnt sich ein kurzer Realitätscheck:
Wie oft setzen wir Medien selbst ein, um Zeit zu überbrücken, Ruhe zu schaffen oder einfach durchzuatmen?
Erwischt? Gut so. Es geht nicht um Schuld, sondern um einen bewussteren Umgang.
In unserer Familie hat sich über die Jahre ein Ritual entwickelt:
Lineares Fernsehen mit KIKA statt „on demand“ Serienmarathon.
Warum das für uns funktioniert?
• Es gibt „was es gibt“ – weniger Diskussionen unter Geschwistern
• Feste Zeiten: Logo-Nachrichten, Kika Live und dann geht es ins Bett.
• Freitagabend ist Familienfilmzeit (ohne Werbung, startet früh)
Das Ziel: Mediennutzung gemeinsam gestalten – nicht einfach nur „parken“.
So entsteht Verbindung statt Kontrolle.
„Papa, ich will was zocken!“ – Wie Eltern den Überblick behalten
Ja, ich spiele selbst gern Handyspiele.
Ich weiß, wie verlockend es ist, sich im YouTube-Feed zu verlieren.
Und genau deswegen kann ich mich gut in Kinder hineinversetzen, die zocken wollen.
Mein Rat: Wenn ihr Kind ein Spiel möchte – schau sie es sich erstmal selbst an.
Testen sie das Spiel und bilden sie sich eine eigene Meinung. Denn sie kennen ihr Kind am besten.
Ein Beispiel:
„Brawl Stars“ – Altersfreigabe 9 Jahre. Mein Kind ist 7. Darf es das trotzdem spielen?
→ Ja, weil ich das Spiel kenne, den Inhalt einschätzen kann und es in unsere Familie passt.
Absolute No-Gos für mich:
• Spiele mit offenen Chats (z. B. zufällige Kontaktaufnahme durch Fremde)
• Plattformen wie Roblox, bei denen der Überblick über Inhalte schwerfällt
Next Level: Die Switch oder andere Konsolen kommen ins Spiel
Die Nintendo Switch ist in vielen Familien ein Hoffnungsträger.
Endlich weg vom Handy, rein in die Konsole – strukturierter, übersichtlicher.
Oder?
Tatsächlich kann eine Konsole sinnvoll sein – wenn sie gut eingebunden wird.
Zum Beispiel:
• Nur im Familienraum – nicht im Kinderzimmer
• Klare Regeln, gemeinsam mit dem Kind aufgestellt
• Spielzeiten festlegen, z. B. nur am Wochenende
Mein Tipp: Lassen sie die Kinder Regeln mitgestalten. Schreibt sie diese Regel, hängen sie sie an den Kühlschrank und reden sie darüber. Regeln können sich ändern.
Zwei Ideen wie die Konsole zur Chance werden kann:
• Spiele können kooperativ, bewegt oder sogar lesefördernd sein
(z. B. Just Dance, Monkey Island, Day of the Tentacle)
• Stadtbibliotheken bieten Spiele zum Ausleihen – auch das schafft gemeinsame Erlebnisse
Streit ums Ausschalten? Warum gute Konsequenzen besser sind als Strafen
„Noch eine Runde!“ – „Ich bin gleich fertig!“
Was sie tun können, wenn das Kind nicht aufhören möchte?
Frage zurück: Haben sie eine Konsequenz vereinbart, bevor das Spiel losging?
Achtung: Konsequenz bedeutet nicht Strafe.
Eine Konsequenz ist ein simples „wenn-dann“.
Zum Beispiel: Wenn du dich nicht an die verabredete Zeit hältst, probieren wir es morgen noch einmal – mit meiner Unterstützung.
Drei Tipps für wirksame Konsequenzen:
• Sie folgt direkt auf das Verhalten
• Sie steht im logischen Zusammenhang
• Sie ist vorher abgesprochen – nicht im Affekt ausgesprochen
Und wenn’s mal nicht klappt?
Bleiben sie sportlich. Auch Medienkompetenz ist ein Lernprozess.
Wann wird das Handy zur Sucht?
In der Psychotherapie sprechen wir von „riskantem oder abhängigem Spielverhalten“, wenn bestimmte Kriterien über mindestens 12 Monate hinweg erfüllt sind:
• Kontrollverlust über das Spielverhalten
• Wachsende Bedeutung des Spielens gegenüber anderen Lebensbereichen
• Weiterspielen trotz negativer Konsequenzen
Ob online oder offline, ob Handy oder Konsole – entscheidend ist die Beeinträchtigung im Alltag.
Ziehen sich Kinder oder Jugendlichen von ihren Freund:innen zurück, verweigern sie den Schulbesuch oder gibt es nur noch Streit in der Familie? Dann ist es Zeit, professionelle Hilfe zu suchen.
Weiterführende Links:
www.computersuchthilfe.info
www.schau-hin.info
www.juuuport.de/infos/ratgeber/mediensucht